WILHELM BUSCH (1832 Wiedensahl - Mechtshausen 1908) – Eigenhändiges Manuskript mit 11 Zeichnungen aus dem „Siebenten Kapitel“ des „Plisch und Plum“. 9 einseitig beschriebene und illustrierte Bogen. (View from the Schafberg in the Salzkammergut)
Das Original-Manuskript für das „Siebente Kapitel" der Bildergeschichte „Plüsch und Plum", von Wilhelm Busch in roter Farbe entsprechend betitelt. Die Geschichte um das ungezogene Hunde-Duo, das vom alten Kaspar Schlich ertränkt werden soll und durch die Erziehung ihres Lehrers Bokelmann doch noch handhabbar wird, ist eine von Buschs letzten Bildergeschichten und zählt zu seinen bekanntesten Erzählungen. Sie erschien erstmals 1882 im Münchner Verlag von Fr. Bassermann und umfasste acht Kapitel.
Vorliegendes Manuskript zeigt die Urform des siebten Kapitels. Für den Druck des Buches zeichnete Busch die Illustrationen noch einmal in etwas verkleinerter und vereinfachter Form. Diese Zeichnungen bildeten dann die Druckvorlagen für die Zinkotypien des Buches.
Original-Bilderhandschriften von Wilhelm Busch sind sehr selten. Das Wilhelm-Busch-Museum in Hannover besitzt die Manuskripte des ersten und sechsten Kapitels sowie das Titelblatt. In der Bibliotheca Bodmeriana, Genf-Cologny, wird das Schlusskapitel aufbewahrt. Das fünfte Kapitel befindet sich in norddeutschem Privatbesitz. Das zweite, dritte und vierte Kapitel gelten als verschollen. – Teils minimal stockfleckig, ansonsten von sehr guter Erhaltung.
Für wertvolle Hinweise danken wir Frau Ruth Brunngraber-Malottke, Hannover.
Der Text:
1 Seht, da sitzen Plisch und Plum
voll Verdruss und machen brumm!
[Zeichnung]
denn zwei Ketten gar nicht lang
hemmen ihren Tatendrang.
[Zeichnung]
Und auch Fittig hat Beschwerden.
«Dies – denkt er – muss anders werden!»
«Tugend will ermuntert sein,
Bosheit kann man schon allein!»
2 Daher sitzen Paul und Peter
jetzt vor Bokelmanns Katheder;
und Magister Bokelmann
hub, wie folgt, zu reden an:
[Zeichnung]
Geliebte Knaben, ich bin erfreut,
dass ihr nunmehro gekommen seid,
um, wie ich hoffe, mit allen Kräften
Augen und Ohren auf mich zu heften. –
Zum ersten: Lasset uns fleissig betreiben
Lesen, Kopf-, Tafelrechnen und Schreiben,
Alldieweil der Mensch durch sotane Künste
zu Ehren gelanget und Brotgewinste.
3 Zum zweiten: Was würde das aber besagen
ohne ein höfliches Wohlbetragen;
denn wer nicht höflich nach allen Seiten
hat doch nur lauter Verdriesslichkeiten.
Darum zum Schlusse – denn, sehet, so bin ich –
bitt ich euch dringend, inständigst und innig,
[Zeichnung]
habt ihr beschlossen in eurem Gemüte,
meiner Lehre zu folgen in aller Güte,
so reichet die Hände und blicket mich an
und sprechet: Jawohl, Herr Bokelmann!
4 Paul und Peter denken froh:
«Alter Junge, bist Du so??»
[Zeichnung]
Keine Antwort geben sie,
sondern machen bloss hihi!
Worauf er, der leise pfiff,
wiederum das Wort ergriff.
5 «Dieweil ihr denn gesonnen – so spricht er»
«Euch zu verhärten als Bösewichter,
«So bin ich gesonnen, euch dahingegen
«Allhier mal über das Pult zu legen,
«um solchermassen mit einigen Streichen
«die harten Gemüter euch zu erweichen.»
[Zeichnung]
Flugs hervor aus seinem Kleide,
wie den Säbel aus der Scheide,
6 Zieht er seine harte, gute,
schlanke, schwanke Haselrute,
fasst mit kund'ger Hand im Nacken
Paul und Peter bei den Jacken
[Zeichnung]
Und verklopft sie so vereint,
bis es ihm genügend scheint.
7 «Nunmehr – so sprach er in guter Ruh –
«Meine lieben Knaben, was sagt ihr dazu??
[Zeichnung]
«Seid ihr zufrieden, und sind wir einig??»
«Jawohl, Herr Bokelmann!» riefen sie schleunig.
8 Dies ist Bokelmanns Manier.
dass sie gut, das sehen wir.
Jeder sagte, jeder fand:
[Zeichnung]
«Paul und Peter sind charmant!!»
Aber auch für Plisch und Plum
nahte sich das Studium
und die nötige Dressur,
[Zeichnung]
Ganz wie Bokelmann verfuhr.
9 Bald sind beide kunstgeübt,
daher allgemein beliebt,
[Zeichnung]
Und, wie das mit Recht geschieht,
Auf die Kunst folgt der Profit.
Provenienz:
Privatsammlung, Schweiz;
Galerie Kornfeld, Bern, Auktion, 22.6.1990, Los 14;
Galerie J.H. Bauer, Hannover, Juli 1990;
Privatbesitz, Nordrhein-Westfalen, von obiger Galerie 1990 erworben;
danach durch Erbfolge im Familienbesitz, Nordrhein-Westfalen.