WILLEM van BEMMEL (1630 Utrecht - Wöhrd bei Nürnberg 1708) – Ansicht der Stadt Nürnberg von Nordosten (Adoration of the kings)

Joachim von Sandrart, der berühmte Maler und Kunsthistoriograf aus Nürnberg, schrieb in seiner 1675 veröffentlichten „Teutschen Academie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste“ über den in Utrecht gebürtigen, nach langem Aufenthalt in Venedig, Rom und Neapel schließlich in Nürnberg sesshaft gewordenen Willem van Bemmel, „daß dieser der guten Landschaften wahre Art und in Colorit, der Natur gemäß, wie auch in den Lichten und Schatten Warnemung, Erhebung und Vertieffung sehr wohl verstehe.“ Van Bemmel hatte sich nach seinem langen Aufenthalt in Italien 1662 in Nürnberg niedergelassen und muss sich dort als Maler von Landschaften italienischen Charakters schnell etabliert haben, die die Fantasie des Betrachters in südliche Gefilde versetzten – das genaue Gegenteil von unserem Gemälde, das sich mit der Realität seiner neuen Umgebung auseinandersetzt: Eine repräsentative Ansicht seiner neuen Heimat Nürnberg, die er von Nordosten von einem Hügel bei Behringersdorf, heute Teil der Gemeinde Schwaig bei Nürnberg, aufgenommen hat. Wie an einer Schnur gezogen, präsentiert Bemmel die Silhouette Nürnbergs mit seinen prägenden Bauten – rechts beginnend mit dem markanten Ensemble der kaiserlichen Burg schweift das Auge nach links über die Türme von St. Sebald zum Laufer Torturm und der aus dem Stadtkörper hervortretenden Kirche St. Lorenz links. Die bedeutendsten Bauten werden entlang der Stadtmauer aufgereiht, die mit ihren zahlreichen Türmen und Zinnen den Übergang zwischen innen und außen bildet. Der auch wehrhaften Abgeschlossenheit der Stadt steht die Offenheit der Landschaft entgegen, in die die Stadt eingebettet ist – im Vordergrund breiten sich stark verschattete Wiesen und Felder aus, die bewirtschaftet werden – besonders gut ist links die Landstraße durch Mögeldorf zu erkennen, die von zahlreichen Häusern flankiert wird, während hinter der Stadt das Umland bereits im Sfumato der untergehenden Sonne liegt. Die Stadt ist als Streifen eingebettet in die Landschaft, ist keineswegs Hauptträger der Erzählung wie in einer klassischen Vedute, sondern im Sinne der holländischen Landschaftsmalerei mehr panoramaartig ausgebreitete Silhouette. Sie ist Teil einer Kulturlandschaft, über der sich – mehr als die Hälfte des Gemäldes einnehmend – der bewegte Abendhimmel erhebt. Wolken ziehen auf, links hinter St. Lorenz scheint schon Regen niederzugehen, während rechts im milden Abendrot die Sonne vergeht und einzelne Wolken, noch beschienen von der Abendsonne, wie Schaumkronen am blauen Himmel auftauchen. Es ist diese besondere Beobachtungsgabe für die Erscheinungen der Natur, für ihr Licht und ihre Farbigkeit, mit der Bemmel auch in Nürnberg mit seinen italienisierenden Landschaften schnell Bekanntheit erlangte. Sandrart schreibt, dass „daselbst die meist curiosen Kunstzimmer mit seiner Arbeit gezieret“ sind; die Beschäftigung mit seiner neuen Heimat blieb allerdings die Ausnahme – nur noch einzelne Stadtansichten, die sich vornehmlich ausschnitthaft den verschiedenen Stadttoren widmen, sind aus späterer Zeit bekannt (Eiermann W IV. 1-7). Dr. Peter Prange

Literatur: Weltkunst, Heft 6, 15.3.1987, S. 708, mit Abb.; Wolf Eiermann, Willem van Bemmel. Monografie mit kritischem Werkverzeichnis der Gemälde, Petersberg 2007, S. 96-97, Abb., und S. 192, Kat.-Nr. W II.15, mit Abb.;

Ausstellung: Ludwig Sichelstiel (Hrsg.), Der weite Blick. Nürnberger Panoramen aus sieben Jahrhunderten. Ausst.-Kat. Museen der Stadt Nürnberg, Kunstsammlungen (Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg Bd. 20), Petersberg 2020, Kat.-Nr. 25 (A. Curtius).

Provenienz: Privatbesitz, Schottland; Sotheby's, London, Auktion, 29.10.1986, Los 49; Kunsthandel Albrecht Neuhaus, Würzburg, (in obiger Auktion erworben); seitdem in Privatbesitz, Süddeutschland, (im Mai 1987 in obigem Kunsthandel erworben).